E-Commerce in der EU - Was ist zu beachten?

Gemäss der Studie „The Swiss e-commerce factor in international sales and deliveries 2017" der NetComm Suisse, welche auch in 5 Ländern der EU durchgeführt wurde, würden 36,5 Millionen Verbraucher in diesen EU-Ländern auch bei einem Schweizer Online-Händler einkaufen. Sie schätzen die Qualität der Produkte, die Vertrauenswürdigkeit, die Sicherheit im Zahlungsverkehr sowie die Lieferzuverlässigkeit von Schweizer Händlern. Dies möchten sich Schweizer Online-Händler vermehrt zu nutzen machen.

Doch mit einem neuen Absatzmarkt bewegen sich Schweizer Online-Händler auch in einem neuen Rechtsrahmen: Die EU schützt ihre Einwohner mit weitgehenden Verbraucherschutzbestimmungen, welche in vielen Punkten ein deutlich höheres Schutzniveau aufweisen als die entsprechenden Bestimmungen des Schweizer Rechts. Bei Online-Verkäufen an Verbraucher mit Wohnsitz in der EU sind diese aber zwingend zu beachten. Die Angelegenheit wird dadurch verkompliziert, dass die Mitgliedstaaten in bestimmten Gebieten das Schutzniveau für ihr Land noch individuell erhöht haben und lokale Gerichte zu den massgebenden Bestimmungen unterschiedliche Rechtsprechungen entwickelt haben. Diese Faktoren machen es schwer, einen Online-Handel in der EU rechtskonform zu betreiben.

Regelverstösse können aber unangenehme Folgen haben. Neben Mitbewerbern sind in der EU auch Verbraucherschutzverbände, Berufsverbände sowie Industrie- und Handelskammern ermächtigt, Regelverstösse im Bereich des E-Commerce mittels wettbewerbsrechtlicher Abmahnung und mit einer Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu ahnden. Der Grund liegt darin, dass Verstösse gegen Vorschriften ausserhalb des eigentliches Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb auch Wettbewerbsverstöße darstellen, wenn die entsprechenden Bestimmungen dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung stellt somit das grösste Risiko für den Betreiber eines Online-Stores in der EU dar und kann – insbesondere im Wiederholungsfall - grosse Kosten verursachen.

Weiter zu beachten gilt es, dass mit Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 Schweizer Online-Händler mit Vertrieb in ein Land der EU neben den bereits bekannten Datenschutzgrundsätzen zahlreiche Neuerungen zu beachten haben. So besteht zum Beispiel eine extensive (aktive) Informations- und Auskunftspflicht des Verbrauchers vor Erhebung der Personendaten, eine Verpflichtung, mit angemessen technischen Mitteln Datenschutzverletzungen vorzubeugen (privacy by design) und datenschutzfreundliche Voreinstellungen zu verwenden (privacy by default) sowie eine Dokumentationspflicht (Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten). Bei Verstössen drohen Bussgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder von bis zu vier Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes.

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Kontakt: Andri Obrist, LL.M., Rechtsanwalt, Partner

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