Vorzeitige Schlüsselübergabe beim Grundstückkauf

Die meisten Grundstückkaufverträge werden auf ein bestimmtes Datum hin abgewickelt: An diesem Tag gehen sowohl die obligatorischen Rechte und Pflichten am Kaufobjekt als auch die formelle Eigentümerstellung auf die Käuferschaft über. Die Käuferschaft übernimmt beispielsweise per 1. April 2025 sowohl Nutzen, Lasten und Gefahr am Kaufobjekt (sogenannter Antritt) als auch die Eigentümerstellung durch Anmeldung des Geschäfts beim Grundbuchamt (sogenannte Fertigung).

Es kommt jedoch immer wieder vor, dass die Käuferschaft bei Haus- oder Wohnungskäufen den Wunsch äussert, die Schlüssel für das Kaufobjekt bereits vor dem Eigentumsübergang zu erhalten. Für die Beurteilung, welche Risiken damit verbunden sind und ob besondere vertragliche Ergänzungen erforderlich sind, ist entscheidend, warum die Käuferschaft vorzeitig Zugang zum Kaufobjekt wünscht. Im Folgenden werden drei häufige Konstellationen näher erläutert:

• Vorzeitiger Zugang zu Besichtigungszwecken:
Möchte die Käuferschaft das Kaufobjekt lediglich zu Besichtigungszwecken vorzeitig betreten, etwa um die künftige Einrichtung zu planen oder Informationen zur Vorbereitung eines Baugesuchs zu sammeln, kann der Zugang ohne Vorziehen des Antrittstermins gewährt werden. Es empfiehlt sich jedoch, dies im Kaufvertrag zu regeln und die Haftung klar festzulegen, falls bei der Besichtigung Schäden entstehen. Andernfalls könnte die Käuferschaft geltend machen, dass zwischen der Beurkundung des Kaufvertrags und dem Antrittstermin eine Verschlechterung des Kaufobjekts eingetreten sei, und gegebenenfalls eine Reduktion des Kaufpreises verlangen.

• Kleinere Bauarbeiten in Eigenregie:
Plant die Käuferschaft, vor dem Eigentumsübergang kleinere Bauarbeiten in Eigenregie auszuführen, ist es sinnvoll, den Antrittstermin mit Übergang von Nutzen, Lasten und Gefahr vorzuverlegen. Dadurch trägt die Käuferschaft das Risiko für etwaige Schäden, die im Rahmen der Bauarbeiten entstehen könnten. Mit einem vorgezogenen Antrittstermin obliegt es der Käuferschaft zudem, für den notwendigen Versicherungsschutz zu sorgen (zum Beispiel Gebäude- und Haftpflichtversicherung sowie gegebenenfalls Bauherrenhaftpflicht- und Bauwesenversicherung).

• Größere Sanierungs- oder Umbauarbeiten:
Soll die Käuferschaft vor dem geplanten Antritts- und Fertigungstermin umfassende Sanierungs- oder Umbauarbeiten ausführen oder durch Dritte ausführen lassen, sollten sowohl der Antritts- als auch der Fertigungstermin vorgezogen werden. Neben den oben erwähnten Versicherungsaspekten spielen hier auch steuerliche Überlegungen eine Rolle: Werterhaltende Investitionen in eigenes Eigentum – wie Reparaturen, der Ersatz bestehender Einrichtungen oder Instandstellungskosten – können als Liegenschaftsunterhalt bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Erfolgen diese Investitionen jedoch in fremdes Eigentum, das heisst vor dem Fertigungstermin, entfällt die steuerliche Abzugsfähigkeit.

Zusätzlich zu den genannten Szenarien gibt es Fälle, in denen ein Auseinanderfallen von Antritt und Fertigung unumgänglich ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Käuferschaft die Finanzierung des Kaufs erst mit der Eigentumsübertragung sicherstellen kann, aber bereits vorher Arbeiten ausführen muss, um einen festen Einzugstermin – etwa aufgrund einer gekündigten Mietwohnung – einzuhalten.

In der Praxis ist daher im Einzelfall abzuklären, weshalb eine vorzeitige Schlüsselübergabe gewünscht wird oder notwendig ist. Gerne stehen wir Ihnen für ein Beratungsgespräch zur Verfügung und begleiten Sie bei der Abwicklung Ihrer Liegenschaftstransaktion mit einer für Sie massgeschneiderten Lösung.

Kontakt: Yves Cron, Advokat und Notar, yves.cron@nigon.ch

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