Muss ein nachvertragliches Konkurrenzverbot in Franchiseverträgen entschädigt werden?
15.04.2024
Noch immer nicht vom Bundesgericht beurteilt worden ist die Frage, ob die agenturrechtliche Bestimmung von Art. 418d Abs. 2 Satz 2 OR auch auf subordinierte Franchiseverhältnisse Anwendung findet und der Franchisegeber dem Franchisenehmer somit die Einhaltung eines nachvertraglichen Konkurrenzverbot zu entschädigen hat. Das Obergericht des Kantons Zugs hat nun unlängst in einem durchaus streitbaren Entscheid vom 7. November 2023 mit der Verfahrensnummer Z1 2023 6 und einer ausführlichen Begründung die analoge Anwendung abgelehnt.
In der dem Entscheid zugrunde liegenden Ausgangslage forderte eine international tätige Unternehmensgruppe im Bereich der Personalvermittlung und -beratung von einem ausgeschiedenen Partner zufolge einer Verletzung des nachvertraglichen Konkurrenzverbots die Zahlung einer Konventionalstrafe im Betrag CHF 150'000.00 ein. Das Kantonsgericht als erste Instanz bejahte eine analoge Anwendbarkeit der agenturrechtlichen Bestimmung und wies die Klage zufolge Ermangelung der vertraglichen Vorsehung der im Agenturrecht vorgesehen und zwingenden Karenzentschädigung und einer damit einher gehenden Ungültigkeit des Konkurrenzverbotes ab.
Diesen Entscheid hat das Obergericht als höchste kantonale Instand im Rahmen des hier thematisierten Urteils mit der Begründung aufgehoben, dass Art. 418d Abs. 2 Satz 2 OR auf subordinierte Franchiseverträge nicht analog anwendbar sei, womit eine Karenzentschädigung für dessen Abgeltung nicht zwingend geschuldet sei. Da der Entscheid in Rechtskraft erwachsen ist, wird eine Klärung dieser Rechtsfrage durch das Bundesgericht (noch) nicht erfolgen.
Das Obergericht hat sich in seinen Erwägungen einlässlich mit den Rechtsquellen und den verschiedenen Lehrmeinungen auseinandergesetzt. Es hat dabei einen hohen Einbindungsgrad des Franchisenehmers in die Organisation der Franchisegeberin attestiert und das Verhältnis deshalb schlüssig als Subordinationsfranchising qualifiziert. Aufgrund einer historischen Auslegung der agentur- und insbesondere der arbeitsrechtlichen Bestimmung gelangt das Obergericht schliesslich zum Ergebnis, dass die Mehrheit der Lehre die Analogie aufgrund des „rechtsethisch anstössigen Entscheids des Gesetzgebers" befürworten würde, sich das Gericht hiervon jedoch nicht leiten lassen dürfe, da bereits ein „Wertesystem" vorgegeben sei. Ein in der Konsequenz ungerechtfertigte Bevorzugung des Agentur- gegenüber dem Arbeitsrecht würden eine unbillige Bevorzugung darstellen, welche dem gesetzlichen Wertesystem widersprechen würde. Als Schlussfolgerung wurde deshalb der analogen Anwendung der arbeitsvertraglichen Re-gelung des Konkurrenzverbots der Vorzug eingeräumt, womit eine Karenzentschädi-gung analog zu Art. 418d Abs. 2 OR nicht geschuldet sei. Das Obergericht wies die Streitsache deshalb an die Vorinstanz zurück. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, da zwar auch bei Franchiseverträgen ein gewisses Subordinationsverhältnis unter die Systemvorgaben bestehen, es sich beim Franchisenehmer aber - ungleich mehr als beim durchschnittlichen Agenten - um einen selbständigen Unternehmer handelt. Dieser hat bei Abschluss des Franchisevertrags üblicherweise eine sog. Einstiegsgebühr substantiellen Ausmasses ebenso zu bezahlen wie die Ausstattung seiner Filiale. Dies diametral zum Arbeitnehmer, der einen Arbeitsplatz und das Arbeitsmaterial von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt erhält und gerade keine Investitionen aufbringen muss, um die vertraglich vereinbarte Tätigkeit aufnehmen zu können. Das gesamte Geschäftsrisiko lastet demnach auf dem Franchisenehmer, während der Arbeitnehmer ein solches gerade nicht trägt. Dieser Umstand rückt den Franchisenehmer aber näher zum Agenten als zum Arbeitnehmer, womit einer analogen Anwendung der agenturrechtlichen Regelung der Vorzug einzuräumen ist. Auch rechtfertigen die allenfalls nutzlos werdenden Investitionen einen weitergehenden Schutz des Franchise- gegenüber dem Arbeitnehmer.
Es bleibt deshalb abzuwarten, ob allenfalls das Bundesgericht Klarheit in dieser Rechtsfrage schaffen wird. Dies wird wie erwähnt jedoch nicht im besprochenen Fall geschehen, da dieser nicht an das Bundesgericht weitergezogen wurde. Die Frage bleibt folglich weiterhin umstritten und wird auch zukünftig Stoff für weitere Gerichtsverfahren bilden.