Schnelle Vollstreckung von deutschen Urteilen gegen Schuldner mit Wohnsitz in der Schweiz
28.06.2019
Ausgangslage
Sie haben sich in Deutschland ein Urteil gegen den Schuldner erstritten. Dieses Urteil wurde von einem Gericht für vollstreckbar erklärt. Der Schuldner hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Sie möchten gerne ihr Urteil durchsetzen und endlich zu Ihrem Geld kommen.
Grundsätzliches zur Vollstreckung deutscher Urteile in der Schweiz
Damit ein ausländisches vollstreckbares Urteil in der Schweiz vollstreckt werden kann, muss dieses in der Schweiz für vollstreckbar erklärt werden. Im Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland sind die Voraussetzungen hierfür im Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 II (im Folgenden: „LugÜ II") geregelt.
Für die Anerkennung von Urteilen eines Vertragsstaates bedarf es nicht eines besonderen Verfahrens, so dass die Anerkennung in der Regel in einem vereinfachten Verfahren in Verbindung mit dem Rechtsöffnungsverfahren durchgeführt werden kann.
Zur Einleitung des Betreibungsverfahrens in der Schweiz
Die Vollstreckung von Geldforderungen richtet sich in der Schweiz nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (kurz: SchKG genannt). Jeder Betreibung (Zwangsvollstreckung) nach schweizerischem Recht muss ein Einleitungsverfahren vorausgehen; selbst wenn der Gläubiger bereits ein vollstreckbares Urteil besitzt.
Dieses Einleitungsverfahren besteht aus der Einreichung eines Betreibungsbegehrens sowie im Erlass eines sogenannten amtlichen Zahlungsbefehls an den Schuldner.
Zur Beseitigung des Rechtsvorschlages
Bestreitet der Schuldner die Schuld, so kann er gegen das Betreibungsbegehren nach Zustellung des Zahlungsbefehls den sogenannten „Rechtsvorschlag" erheben. Unterlässt der Schuldner den Rechtsvorschlag, so kann der Gläubiger die Fortsetzung der Betreibung verlangen. Erhebt der Schuldner dagegen Rechtsvorschlag, so ist die Betreibung zunächst eingestellt. Möchte der Gläubiger trotz Erhebung eines Rechtsvorschlages die Betreibung weiter fortsetzen, muss er in unserem Fall ein definitives Rechtsöffnungsverfahren durchlaufen.
Das definitive Rechtsöffnungsverfahren
Verfügen Sie über ein vollstreckbares deutsches Urteil so verfügen Sie über einen definitiven Rechtsöffnungstitel und können vor Gericht ein definitives Rechtsöffnungsverfahren einleiten.
Wie vorstehend erwähnt kann im definitiven Rechtsöffnungsverfahren zugleich die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Urteils in der Schweiz beantragt werden, so dass kein separates Verfahren (sog. Exequaturverfahren) geführt werden muss.
Das Verfahren auf definitive Rechtsöffnung wird im sogenannten summarischen Verfahren geführt. Das heisst es handelt sich im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren um eine abgekürzte und schnellere Verfahrensart. Der Schuldner kann in diesem Verfahren nur durch Urkundenbeweis einwenden, dass die geltend gemachte Schuld seit Erlass Urteils getilgt oder gestundet wurde oder mittlerweile verjährt ist. Was ihm selten gelingen wird.
Wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, berechtigt diese zur Fortsetzung der Betreibung (Pfändung oder Konkurs).
Positives Fazit
Ein Schuldner mit Wohnsitz in der Schweiz kann sich der Vollstreckung eines deutschen Urteils nicht entziehen. Dieses wird in einem Schnellverfahren vollstreckt, ohne dass dabei die Richtigkeit des deutschen Urteils überprüft wird.
Praktische Hinweise
Im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Vollstreckungsmassnahmen gilt es ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass der Gläubiger sämtliche Kosten für sämtliche Betreibungshandlungen (auch die Prozesskosten) stets vorzuschiessen hat. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich frühzeitig, Auskünfte über die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Schuldners einzuholen.
Daneben macht es gegebenenfalls Sinn, vor Einleitung der ersten betreibungsrechtlichen Schritte den Wohnsitz des Schuldners zu überprüfen.
Im Weiteren gilt es hervorzuheben, dass die Schweiz im Gegensatz zu Deutschland nicht per se die Verpflichtung kennt, dass die Gegenseite die aussergerichtlichen Kosten der Rechtsvertretung übernehmen muss. Auch wenn die Beauftragung eines Rechtsanwaltes im Einzelfall unbedingt erforderlich war, werden diese Kosten nicht der Gegenpartei überbunden. Auch wenn in gerichtlichen Verfahren Parteientschädigungen gesprochen werden, so decken diese erfahrungsgemäss nur selten die tatsächlichen Kosten.