Neuerungen im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs – Das Ende der ungerechtfertigten Betreibung?

Das bisherige Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) ermöglichte schikanöse Betreibungen. Mit der Revision des SchKG per 1. Januar 2019 werden nun ungerechtfertigt betriebene Privatpersonen oder Unternehmen besser geschützt.

Gegen jede Privatperson oder gegen jedes Unternehmen kann beim zuständigen Betreibungsamt ein Betreibungsbegehren eingereicht werden. Sind die formellen Anforderungen des Betreibungsbegehrens eingehalten, der Kostenvorschuss geleistet und besteht kein offensichtlicher Rechtsmissbrauch, wird der Zahlungsbefehl an die betriebene Person zugestellt. Vom Betreibungsamt erfolgt keine Prüfung betr. den Bestand einer Forderung.

Da die Betreibung einfach erfolgt und keine grossen Kosten verursacht, ist sie ein probates Mittel um Druck auf die betriebene Person auszuüben. Unangenehm für die betriebene Person ist, dass dieser Eintrag im Betreibungsregister ersichtlich ist. Während fünf Jahren erscheinen im Betreibungsregisterauszug alle Betreibungen. Dies unabhängig davon, ob sie gerechtfertigt waren oder nicht. Ersichtlich ist der Betreibungsregisterauszug für jeden, der ein Interesse glaubhaft macht. Dieses Interesse kann beispielsweise in einem Vertrag mit der betriebenen Person bestehen.

Der Eintrag im Register wird gelöscht, respektive nicht mehr bekannt gegeben, wenn die Betreibung nichtig ist oder mittels gerichtlichen Entscheids oder Beschwerde aufgehoben wird, die betriebene Person mit einer Rückforderungsklage obsiegt hat oder der Gläubiger die Betreibung zurückgezogen hat. Die Zahlung der Betreibungsschuld führt nicht zur automatischen Löschung der Betreibung. Hier muss der Betreibende den Rückzug der Betreibung verlangen.

Per 1. Januar 2019 wurden nun folgenden drei Änderungen des SchKG in Kraft gesetzt:

Art. 8a E. Protokolle und Register / 2. Einsichtsrecht

3 Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn:
a. die Betreibung nichtig ist oder aufgrund einer Beschwerde oder eines gerichtlichen Entscheids aufgehoben worden ist;
b. der Schuldner mit einer Rückforderungsklage obsiegt hat;
c.  der Gläubiger die Betreibung zurückgezogen hat;
d.der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

Die neue Bestimmung lit. d des Art. 8a Abs. 3 SchKG statuiert einen weiteren Grund, bei welchem das Betreibungsamt Dritten, neben den vorgenannten Gründen, auch keine Kenntnis von einer Betreibung gibt. Dies trifft dann zu, wenn der Betriebene nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zu Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet wurde.

Art. 73 B. Vorlage der Beweismittel

1 Der Schuldner kann jederzeit nach Einleitung der Betreibung verlangen, dass der Gläubiger aufgefordert wird, die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen.
2 Die Aufforderung hat keine Auswirkung auf laufende Fristen. Falls der Gläubiger der Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist, berücksichtigt das Gericht beim Entscheid über die Prozesskosten in einem nachfolgenden Rechtsstreit den Umstand, dass der Schuldner die Beweismittel nicht hat einsehen können.

Der per 1. Januar 2019 neu gefasste Art. 73 SchKG ermöglicht der betriebenen Person vom Gläubiger die Vorlage der Beweismittel der Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zu verlangen.

Das neue jederzeitige Recht, Beweise zu verlangen, ermöglicht der betriebenen Person, allfällige Prozessrisiken besser einzuschätzen.

Art. 85a E. Richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung / 2. Im ordentlichen und im vereinfachten Verfahren

1 Ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages kann der Betriebene jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist.

Gemäss dem per 1. Januar 2019 neu gefassten Art. 85a SchKG hat die betriebene Person ungeachtet eines Rechtsvorschlags das Recht, jederzeit gerichtlich feststellen zu lassen, dass eine Schuld nicht besteht. Bisher war die Einreichung einer negativen Feststellungsklage abhängig von bestimmten Voraussetzungen. Nun ist diese unabhängig von Voraussetzungen jederzeit möglich.

Die neuen, respektive neu gefassten Bestimmungen des SchKG schützen ungerechtfertigt betriebene Personen. Diese können ihre Kreditwürdigkeit einfacher wieder herstellen. Die Kehrseite der Neuerungen kann darin bestehen, dass gerechtfertigte Betreibungen Dritten nicht mehr zur Kenntnis gebracht werden und so die Liquidität weniger gut eingeschätzt werden kann.

Kontakt: Myriam Brunner-Ryhiner

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