Ferienzeit – Reisezeit: Oder wenn der Koffer eigene Ziele verfolgt

Vor just einem Jahr habe ich darüber berichtet, welche Rechte den Passagieren zustehen, falls sie nicht befördert werden, der Flug annulliert wird oder falls es zu erheblichen Verspätungen kommt. Heute soll die Antwort auf die Frage gegeben werden, was gilt, wenn im Rahmen einer Flugreise das Gepäck beschädigt wird, verspätet ankommt oder sogar verloren geht.

Ein Blick in die Statistik des SITA Baggage Report 2017 ergibt, dass 2016 weltweit durchschnittlich 5.5 Gepäckstücke von 1'000 verspätet abgeliefert oder verloren gingen. Global betrachtet bedeutet dies, dass bei einem Flug mit 200 Passagieren jeweils einer Pech hat.

Die Grundlage für die Geltendmachung von Schadenersatz bei einem der genannten Vorfälle bildet das sog. Montrealer Übereinkommen aus dem Jahr 1999. Die derzeitige Haftungshöchstgrenze liegt bei CHF 1'526.00 pro Gepäckstück.

1.       Beschädigung des Gepäcks

In diesem Zusammenhang sind folgende Punkte wichtig:

  • Der Passagier muss beweisen können, welche Gepäckgegenstände und/oder Inhalte beschädigt wurden. Es lohnt sich, den Schaden mit Fotos zu dokumentieren.
  • Bei sehr wertvollen Gegenständen macht vor der Abreise eine Wertdeklaration bei der Airline Sinn.
  • Die Schadensanzeige soll noch am Tag der Ankunft auf dem Flughafen erfolgen – auch wenn man schon zig Stunden um den halben Globus gereist ist.
  • Die Reiseunterlagen, die Schadensmeldung sowie die Gepäckquittung (Baggage Tag) müssen unbedingt aufbewahrt werden.
  • Die Frist zur Anzeige des Schadens beträgt nur sieben Tage nach Abholung des Koffers! Nach Ablauf dieser Frist kann der Anspruch nicht mehr rechtsgültig angezeigt werden.

Unschön ist, dass beim Gepäck nur die Reparaturkosten oder der Zeitwert ersetzt werden. Im ungünstigsten Fall muss man den alten, wertlosen Koffer durch einen neuen ersetzen, ohne dass die Airline diese Kosten ersetzt, weil der Zeitwert des alten Koffers null war.

2.       Verspätung des Gepäcks

Hier muss die Verspätung des Gepäcks am Zielort von jener am Heimatort unterschieden werden. Wenn das Gepäck an der Feriendestination nicht ankommt, sind folgende Punkte wichtig:

  • Die Anzeige (sog. PIR Property Irregularity Report) sollte sofort beim Lost & Found Büro oder bei der Airline erfolgen; also noch bevor man den Flughafen am Bestimmungsort verlässt.
  • Vom PIR sollte unbedingt eine Kopie erstellt werden und der Baggage Tag ist ebenfalls aufzubewahren.
  • Am Ferienort hat der Fluggast das Recht, für die dringendsten Dinge Ersatzkäufe zu tätigen (z.B. Toilettenartikel, Wäsche, Schuhe etc.). Es gilt jedoch zu beachten, dass nur Güter mittlerer Qualität gekauft werden dürfen.
  • Die Ersatzkäufe und die Dauer der Verspätung sind zu dokumentieren, zumal der Schaden bei einer eintägigen Verspätung nicht gleich gross ist wie bei einer einwöchigen.

Für den Fall, dass das Gepäck bei der Heimreise zu spät ankommt, kann grundsätzlich kein Schadenersatz beansprucht werden.

Bei diesem System kann ärgerlich sein, dass die Kosten für die Toilettenartikel in der Regel vollständig, jene für die gezwungenermassen gekauften Ersatzkleider indessen nur teilweise ersetzt werden. Die Begründung  hierfür ist, dass die neuen Kleider ihren Zweck ja auch noch nach den Ferien erfüllen können. Ob es sich dabei jedoch um solche Kleider handelt, die man auch zu Hause gekauft hätte, spielt dabei keine Rolle.

3.       Verlust des Gepäcks

Falls das Gepäck nicht innert 21 Tagen gefunden wird, gilt es als verloren. In diesem Fall sind folgende Punkte zu beachten:

  • Auch hier wird der Zeitwert des Gepäcks sowie des Inhalts ersetzt.
  • Der PIR sowie der Baggage Tag müssen unbedingt aufbewahrt werden.
  • Bei wertvollen Kleidungsstücken lohnt es sich, ein Bild zu schiessen und die Quittung des Kleidungsstücks aufzubewahren. Ungeachtet dessen sollten sehr wertvolle Objekte im Handgepäck transportiert werden.
  • Der Anspruch auf Entschädigung verjährt nach zwei Jahren.

4.       Verhalten der Fluggesellschaften

Sollte eines der oben umschriebenen Ereignisse eintreffen, verhalten sich die Fluggesellschaften oft kulant und professionell. Es gibt aber immer wieder Airlines, die sich zieren, die dem Fluggast zustehenden Rechte zu gewähren. Da mag der Brief des Anwalts durchaus helfen, die Sache in die richtigen Bahnen zu lenken.

Dr. Reto Krummenacher, Partner

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