Probleme mit Anzahlungen bei Grundstückskaufverträgen
16.11.2018
Einleitung
Im Zusammenhang mit einem Immobilienkauf können zahlreiche Probleme entstehen. Bis zum Abschluss eines Grundstückkaufvertrages vergehen ab der ersten Besichtigung des Kaufobjekts meist mehrere Wochen oder gar Monate. Die Parteien sind sich zwar handelseinig, aber zuerst muss der Käufer noch Gespräche mit seiner Bank führen, die Finanzierung regeln und der Kaufvertrag muss noch erstellt werden. Der Verkäufer hat in der Regel auch noch gewisse Arbeiten zu erledigen, wie Planungsarbeiten (Änderungswünsche, Machbarkeitsstudie) ausführen oder Baubewilligungen einholen. Oft sind noch weitere Interessenten vorhanden. Der potentielle Käufer soll durch eine Anzahlung seinen Vertragswillen bestätigen und der Verkäufer verpflichtet sich zum Abschluss eines Kaufvertrages oder Verkauf. Zu diesem Zweck schliessen die Parteien einen Reservationsvertrag ab.
Der Inhalt des Reservationsvertrages
Mit der Unterzeichnung eines Reservationsvertrages verpflichten sich die Parteien, das Grundstück zu den im Reservationsvertrag vereinbarten Bedingungen zu verkaufen bzw. zu kaufen. In der Regel leistet der Käufer zur Bekräftigung seiner Kaufabsicht eine Anzahlung. Diese wird bei Abschluss des Kaufvertrages an den Kaufvertrag angerechnet. Kommt es aus Gründen, welche der Käufer zu vertreten hat, nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages, sieht der Reservationsvertrag oftmals vor, dass die Anzahlung komplett oder teilweise im Sinne eines Reuegelds oder einer Konventionalstrafe an den Verkäufer fällt. Kommt der Kaufvertrag aus Gründen, welche der Verkäufer zu vertreten hat, nicht zustande, wird die Anzahlung dem Käufer zurückbezahlt. In den meisten Fällen werden weitergehende Schadenersatzansprüche des Käufers bei einem Rücktritt des Verkäufers ausgeschlossen.
Formvorschrift bei der Qualifikation des Reservationsvertrages als Vorvertrag
Reservationsverträge werden meistens schriftlich abgeschlossen. Kaufverträge über Grundstücke müssen aber öffentlich beurkundet werden, damit sie gültig sind (Art. 216 Abs. 1 OR). Dies soll die Parteien vor übereilten Entscheidungen schützen, ihnen eine fachkundige Beratung gewährleisten und eine sichere Grundlage für den Grundbucheintrag schaffen. Die Formvorschrift gilt auch für allfällige Vorverträge (Art. 216 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 2 OR).
Von diesem Formzwang werden alle wesentlichen Vertragspunkte des Grundstückkaufvertrages und damit auch des Reservationsvertrages umfasst. Das Bundesgericht bejaht die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung von als „Reservationsvereinbarungen" bezeichneten Verträgen, welche jeweils vor Abschluss von eines Grundstückkaufvertrages erfolgen (BGer Urteil 4C.271/2003 vom 17. Februar 2004, E. 2.1; BGer Urteil 4P.195/2003 vom 17. Februar 2004, E. 3.1).
Entschädigungsvereinbarung trotz Formungültigkeit
Trotz der Formungültigkeit des Reservationsvertrages, hat der Verkäufer ein Interesse, dass er einen Teil der geleisteten Anzahlung für seine Umtriebe behalten kann, falls der Käufer es sich nach einigen Wochen mit dem Kauf der Liegenschaft anders überlegt hat.
Eine Entschädigung des Verkäufers kann gemäss Bundesgericht von den Parteien schriftlich gültig vereinbart werden, wenn diese auch unabhängig vom Erwerb eines konkreten Grundstücks vereinbart worden wäre (BGE 140 III 200, E. 5.3 ff.). Ergibt sich aufgrund der Umstände des konkreten Vertragsverhältnisses zweier Parteien, dass die Zahlungsverpflichtung einer Partei einer selbständigen Entschädigungsvereinbarung zugrunde liegt, an welcher die Parteien ein eigenes und vom Grundstückkaufvertrag unabhängiges Interesse haben, so kann diese auch losgelöst vom Reservationsvertrag und dessen Formerfordernis formlos abgeschlossen werden. Steht jedoch fest, dass die Entschädigungsvereinbarung einzig und alleine im Zusammenhang mit der Reservationsvereinbarung und im Hinblick auf den abzuschliessenden Grundstückkaufvertrag getroffen wurde, fehlt es an der Eigenständigkeit und die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung des Vertrages erstreckt sich auch auf diese Entschädigungsvereinbarung (vgl. BGE 140 III 200, E. 5.3 ff. und BGer Urteil 4A_281/2014 vom 17. Dezember 2014, E. 3.3).
Rückforderung der Anzahlung
Was geschieht mit der bereits geleisteten Anzahlungen des Käufers gestützt auf den schriftlichen Reservationsvertrag, wenn der Kaufvertrag nicht öffentlich beurkundet wird?
Da der Reservationsvertrag nichtig ist, kann grundsätzlich daraus kein Anspruch hergeleitet werden. Wird der Kaufvertrag nicht abgeschlossen, so kann der Käufer gestützt auf Art. 62 Abs. 2 OR die geleistete Anzahlung wegen eines nicht verwirklichten Rechtsgrundes zurückfordern (vgl. BGE 119 II 20 ff.).
Verjährungsprobleme bei der Rückforderung der Anzahlung
Bei der Rückforderung der Anzahlung treten noch Verjährungsprobleme hinzu. Denn der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verjährt gemäss Art. 67 OR nach einem Jahr nach Kenntnis des Anspruchs (relative Frist), in jedem Fall aber 10 Jahre nach Entstehung des Anspruchs (absolute Frist). Die absolute Frist nimmt mit der Entstehung des Anspruches seinen Anfang. Diese beginnt zu laufen, sobald Gewissheit darüber besteht, dass der Rechtsgrund der Zahlung oder Zuwendung sich nicht verwirklichen wird oder nicht mehr verwirklichen kann. Bei der Rückforderung der Anzahlung ist also Eile angesagt.
Fazit
Der Abschluss von schriftlichen Reservationsverträgen beim Grundstückkauf ist problematisch. Derartige nicht öffentlich-beurkundete Verträge sind grundsätzlich nichtig und es entstehen daraus keine Erfüllungsansprüche. Davon ausgenommen sind selbständige und unabhängige Entschädigungsvereinbarungen zugunsten des Verkäufers.
Wer aufgrund solcher Reservationsverträge Anzahlungen leistet, muss aufpassen, dass er sein Geld wieder bekommt, wenn später der Kaufvertrag nicht öffentlich beurkundet wird.